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INTERNATIONALE KLASSE - Erste Erfahrungen

Die Klasse für hauptsächlich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan an der Freien Waldorfschule Graz wurde lange vorbereitet und konnte im September beginnen. Über den Start hatten wir schon ausführlich berichtet- siehe dazu unseren letzten Beitrag vom 21. September 2016.  Nun nach  über zwei Monaten gibt es die ersten Erfahrungen, über die hier berichtet werden soll:

Die Schüler sind sehr motiviert, lerneifrig und sie kommen gern. Der Sprung von der bisherigen Nachmittagsbetreuung zur „richtigen“ Schule ist aber für einige eine große Herausforderung. Das verlangt einerseits klare Rahmenbedingungen, andrerseits viel Einzelbetreuung, in einem Maße, wie wir es ahnten, aber jetzt erst im Alltag erfahren. Gleich zu Beginn stellte sich ein wichtiges Ernährungsproblem. Die meisten Schüler sind aus dem Diakonie-Heim Deutschfeistritz, stehen früh auf und kommen ohne Frühstück in die Schule. Ein heißer Tee am Morgen und eine tüchtige Jause sorgen dafür, dass die Schüler bis gegen 14 Uhr durchhalten können. Das kostet nicht nur Geld,  sondern auch organisatorischen Einsatz. Dann ist da der lange Schultag, denn die Schüler haben ja auch Kunst- und Handwerksunterricht. Das ist ungewohnt und fordert Bewusstsein für Vereinbarungen und Durchhaltevermögen. Einsicht und Formkraft der Lehrer sind herausgefordert, um die doch hohe Krankheitsanfälligkeit, die häufigen Behördentermine und andere unsichere Lebensbedingungen von „spontanen“ Eingebungen und Vermeidungsstrategien zu unterscheiden.

Wir wussten nicht, wie der Kunst- und Handwerksunterricht ankommen würde. Da können wir aufatmen. Sprachgestaltung ist für sie eine willkommene Herausforderung, Musik begeistert sie, insbesondere, wenn sie dazu aus ihrer eigenen Kultur etwas beitragen können. Das haben sie bei der ersten Schulfeier schon unter Beweis gestellt. In den Handwerken – sie hatten bisher Korbflechten und Tischlern, aber auch Gartenbau – sind sie im Allgemeinen sehr geschickt und  haben Freude daran, etwas gestalten zu können. Die Integration in das allgemeine Schulgeschehen steht noch am Anfang. Schulfeier, Michaelifest und jetzt der Bazar brachten erste Berührungen, nachhaltiger Austausch findet unseres Wissens aber noch nicht statt. Ein eigenes Integrationsprogramm unter professioneller Leitung – darunter eine Ehemalige aus der FWS Graz – hat schon mit mehreren Gesprächen in den Oberstufenklassen der FWS gemeinsam mit der Internationalen Klasse begonnen, was zu intensiveren Begegnungen führen wird.

Die größte Herausforderung an uns besteht darin, der Internationalen Klasse einen festen Platz in der Bildungslandschaft für Flüchtlinge zu sichern. Wir sind vom Land Steiermark als wichtiger Bildungsträger anerkannt und dürfen auf  Förderung eines Teils des Projektes hoffen. Dafür sind wir aber auch in das Steiermark-weite Verteilungssystem eingebunden und können uns die Schüler nicht mehr frei wählen. Das hat Bedeutung, weil einige Schüler schon während des Schuljahrs in ein Lehrverhältnis oder in den Hauptschul-Externistenkurs, auf den wir vorbereiten, wechseln werden. Die freien Plätze müssen neu besetzt, die neuen Schüler aus voraussichtlich verschiedenen Nationen in die Klasse – vor allem auch in die künstlerischen und handwerklichen Kurse – integriert werden. Dazu kommt die magische Anziehungskraft, die offizielle Prüfungszertifikate – ganz unabhängig von ihrem praktischen Wert – auf die verunsicherten Neuankömmlinge ausüben. Auch bietet das AMS für Flüchtlinge, die einen positiven Statusbescheid bekommen haben, Kurse mit finanziellen Anreizen an, denen ein Mensch mit nicht viel mehr als 120 Euro verfügbares Einkommen im Monat kaum widerstehen kann.

Unsere Internationale Klasse ist mit keiner anderen Bildungsinitiative vergleichbar. Wir sind nicht nur hauptsächlich ein Deutschkurs und wir sind auch keine „Übergangsklasse“, wie es sie in einigen Gymnasien gibt. Die Freie Waldorfschule  hat inzwischen - unabhängig von unserem Projekt -schon Flüchtlinge in ihre regulären Klassen integriert und hat kaum noch Aufnahmekapazitäten. Wie schön wäre es, die Schüler der Internationalen Klasse, die ja für den Waldorfunterricht tüchtig angewärmt sind,  in einer Waldorfschule weiterführen zu können! Im Grunde stehen wir vor ähnlichen Herausforderungen, wie bei der Gründung jeder freien Schule. Wir freuen uns über jeden unterstützenden Zuspruch.

 

Volker Mastalier (Initiator und pädagogischer Koordinator der Internationalen Klasse)


SEKEM-Österreich kann nur das wiederholen, worum wir uns von Beginn an intensiv bemühen:
Wir werden alles tun, um die wirtschaftliche Absicherung dieses großartigen Projekts sicherzustellen. Dazu brauchen wir unbedingt weiterhin die Unterstützung all unserer Mitglieder und Freunde von SEKEM und von SEKEM-Österreich - und bitten sehr herzlich darum - denn mit den von der öffentlichen Hand in Aussicht gestellten (und noch dazu noch gar nicht fix zugesagten) Förderungen allein werden wir den reichhaltigen Unterricht mit den zahlreichen künstlerischen und praktischen Fächern, die integrierender Bestandteil des Konzepts sind, nicht finanzieren können.

Nutzen Sie daher bitte unser Spendenkonto:
Bank für Kärnten und Steiermark
Kto:181000341
IBAN: AT171700000181000341
BIC: BFKKAT2K

Mit Ihren Spenden setzen Sie in dieser vorweihnachtlichen Zeit ein überaus positives Zeichen, um jungen Menschen eine kulturelle und menschliche Beherbergung in einer für sie neuen Umgebung zu schenken.

All Ihre Spenden sind in vollem Umfange steuerlich absetzbar. Die steuerliche Absetzbarkeit wird ab 2017 zwar weiterhin gegeben sein - sie wird allerdings administrativ etwas schwieriger. Zuwendungen nach dem 31.12.2016 können nämlich nur mehr dann steuerlich abgesetzt werden, wenn „der Zuwendende seinen Vor- und Zunamen und sein Geburtsdatum (Identifikationsdaten) bekanntgegeben und damit der Datenübermittlung zugestimmt hat“ - so der derzeitige Text des Verordnungsentwurfs.
Wenn Sie also spenden wollen und können, dann tun Sie dies bitte auch aus diesem Grunde noch im Jahre 2016 - Sie ersparen damit Ihnen und uns administrativen Aufwand.

Ein großes Dankeschön gilt all jenen unter Ihnen, die unser Projekt mit größeren und kleineren Spenden, auch mit Daueraufträgen unterstützen - persönliche Dankschreiben verschicken wir, wenn wir Ihre Adresse kennen. Wo das nicht der Fall ist, bitten wir, unseren Dank auf diesem allgemeinen Wege entgegenzunehmen.